Syrien
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Enkelejda Kallçiu und Marije Vuksani,
Tdh-Programmleiterinnen für Migration und Bekämpfung des Menschenhandels in Albanien und im Kosovo

«Nach der Rückkehr stehen die Familien vor ähnlichen Herausforderungen wie diejenigen, die sie zur Ausreise veranlasst haben, wie zum Beispiel Armut. Kinder sind davon besonders betroffen.»

Terre des hommes (Tdh) vereinfacht die Wiedereingliederung von migrierenden Kindern und ihren Familien aus Albanien und dem Kosovo, die in ihre Heimat zurückkehren. Interview mit den zwei Programmleiterinnen Enkelejda Kallçiu und Marije Vuksani.

Welches sind die grössten Herausforderungen, vor denen migrierende Kinder und ihre Familien bei ihrer Rückkehr und Wiedereingliederung stehen?

Enkelejda: Nach der Rückkehr stehen die Familien vor ähnlichen Herausforderungen wie diejenigen, die sie zur Ausreise veranlasst haben, wie Armut und wirtschaftliche Instabilität, fehlende Arbeitsmöglichkeiten, Schwierigkeiten eine Wohnung zu finden, sowie soziale und familiäre Probleme. Sie müssen alles wieder von vorne anfangen: Das allgemeine Gefühl der Enttäuschung verursacht psychologische Probleme. Kinder sind davon besonders betroffen. Sie kämpfen oft damit, Beziehungen zu ihren Altersgenossen wiederaufzubauen, sich wieder mit dem Schulumfeld zu verbinden und den Unterricht nachzuholen.

Marije: «Als» Folge der Rückkehrmigration sind Familien aus gefährdeten Gemeinschaften Opfer von Diskriminierung und Stigmatisierung. Einige haben aufgrund von Dokumentations- und Verwaltungsproblemen keinen Zugriff auf ihre Rechte und soziale Dienste.

Wie kann man eine effektive Wiedereingliederung gewährleisten?

Enkelejda: Unser Fallmanagement-Ansatz ist auf die individuellen Bedürfnisse jedes Familienmitglieds ausgerichtet und ermöglicht den Zugang zu hochwertigen und integrierten Dienstleistungen, indem er alle relevanten Fachleute koordiniert. Es ist wichtig, diese auf Gemeinschaftsebene bereitzustellen: In Albanien haben wir vier Gemeinden bei der Einrichtung und Verwaltung multifunktionaler Zentren unterstützt, indem wir sie mit einem Paket von Dienstleistungen ausgerüstet und das Personal dazu weitergebildet haben. Wir haben die Standards für solche Zentren und Dienstleistungen auf acht Gemeinden ausgeweitet und sie sind nun auf nationaler Ebene institutionalisiert.

Marije: Auch im Kosovo ermitteln wir zuerst die Bedürfnisse und stellen dann Informationen und Beratung, Unterricht nach der Schule, psychosoziale Aktivitäten für Jugendliche und Kinder sowie Kurse für Eltern bereit. Familien müssen auch finanziell unabhängig werden. Um sie finanziell zu stärken und für eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt unterstützen wir sie bei der Lancierung einkommensschaffender Aktivitäten oder um eine berufliche Bildung zu machen.

Welche Ergebnisse wurden bisher erzielt?

Enkelejda: Die Auswertung unseres Projekts zeigt, dass Kinder tatsächlich besser in die Schule integriert sind und diese weniger abbrechen. Ausserdem sind sich die Eltern der Risiken einer irregulären Migration und des Zurücklassens ihrer Kinder bewusst. Die Kommunikation der Eltern mit den Kindern verbesserte sich deutlich, was dazu beitrug, die Spannungen im Zusammenhang mit der Rückkehr und Wiedereingliederung zu verringern. In den ersten drei Jahren unserer Arbeit beteiligten sich mehr als 11’300 Kinder aus Albanien und dem Kosovo an unseren Aktivitäten, während rund 440 Familien wirtschaftlich unabhängig wurden.

Was sind die Pläne für zukünftige Aktivitäten?

Marije: Im Rahmen der Verbesserung des Koordinierungsmechanismus wird sich Tdh bemühen, eine internationale Plattform verschiedener Akteure für Rückkehr und Reintegration einzurichten. Im Mittelpunkt stehen zunächst Albanien und Kosovo als Herkunfts- und Wiedereingliederungsländer sowie Deutschland, Österreich und die Schweiz als Zielländer. Über diese Plattform wollen wir die transnationale Zusammenarbeit verbessern und bewährte Praktiken austauschen, die eine menschenwürdige Rückkehr von migrierenden Familien gewährleisten und deren Wiedereingliederung nachhaltiger machen. Es versteht sich von selbst, dass die Behörden der Bestimmungsländer vor der Vollstreckung von Entscheidungen mit ihren Kollegen in den Herkunftsländern austauschen müssen, um sicherzustellen, dass Rechtsverletzungen verhindert und die Wiedereingliederung gut vorbereitet und unterstützt wird. Dieser Austausch findet bis heute nicht unbedingt oder ausreichend statt.

Enkelejda Kallçiu, Programm-Leiterin in Albanien

Marije Vuksani, Programm-Leiterin im Kosovo