Syrien
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11.01.2017 - Pressespiegel

75'000 Flüchtlinge zittern in der Balkan-Eiseskälte

von Mareike Rehberg - Tausende Flüchtlinge auf der Balkanroute müssen zweistellige Minustemperaturen aushalten. Helfer berichten von prekären Zuständen in Serbien und Griechenland.

Die Eiseskälte hat Europa fest im Griff. Besonders leiden jene, die kein festes Dach über dem Kopf haben – und das sind neben Obdachlosen vor allem Flüchtlinge. Hilfsorganisationen schlagen angesichts der Minustemperaturen im zweistelligen Bereich Alarm. Mehr als 75'000 Menschen sind gemäss Terre des Hommes auf der Balkanroute unterwegs, fast ein Drittel davon sind Kinder. Viele harren in Zelten und Lagerhallen aus.

Allein 60'000 dieser Flüchtlinge warten in Griechenland auf die Weiterreise, rund 7500 Migranten sind laut der Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Serbien gestrandet. Save the Children zufolge sind bereits 40 Menschen, darunter mehrere Flüchtlinge, der Kältewelle in Europa zum Opfer gefallen. Unternehmen die Behörden nichts, so der Vorwurf der NGO, drohten besonders Kinder, Babys und geschwächte Menschen zu erfrieren.

In Belgrad ist die Situation besonders prekär, wie Andrea Contenta von MSF berichtet. Zwischen 1500 und 2000 Menschen leben hier hinter Bahnhöfen in verlassenen Lagerhallen ohne fliessendes Wasser oder Sanitäranlagen. In einem Park in der serbischen Hauptstadt betreibt MSF eine mobile Klinik. Dorthin kommen täglich rund 100 Flüchtlinge – immer mehr müssen sich wegen Erkältungen, Husten und anderer Atemwegserkrankungen behandeln lassen.

Serbien hindert NGOs am Helfen

Schuld daran sei nicht nur die Kälte – am Wochenende fielen die Temperaturen auf 17 Grad unter null –, sondern auch die offenen Feuer, an denen sich die Flüchtlinge wärmten, erzählt Contenta. «Der Rauch vergiftet die Menschen», sagt der 37-Jährige zu 20 Minuten. Contenta beklagt ausserdem, dass Serbien offiziellen Hilfsorganisation nahezu alle Aktivitäten untersagt hat. Die Behörden fürchten, die Unterstützung durch NGOs motiviere die Flüchtlinge zum Bleiben. Nur noch inoffizielle Gruppen freiwilliger Helfer dürfen Decken und Essen verteilen.

Für den Schweizer Verein Borderfree Association unterstützt der Syrer Samir Shalabi Flüchtlinge in Serbien, die besondere Unterstützung benötigen. Shalabi und neun weitere Helfer des Vereins betreuen vor allem Frauen und Kinder. Er kauft Kleider, Medikamente und fährt Kranke zum Arzt. Auch er beschreibt die Situation in Belgrad als desaströs. Die offiziellen Lager seien alle überfüllt, sagt der 28-Jährige, und in den ausgekühlten Lagerhallen würden immer mehr Menschen krank.

Kein Wasser, die Wärme verpufft gleich

Nicht viel besser ist die Situation in Griechenland. Nicht nur auf der Insel Lesbos, sondern auch auf dem Festland sind die Zustände prekär. Faustine Douillard von Terre des Hommes arbeitet in drei Flüchtlingscamps bei Saloniki. Zwei der Lager bestünden nur aus Zelten, die in Lagerhäusern errichtet worden seien, berichtet sie. «Im Camp Kalohori hat die Armee am Wochenende einen grossen Generator in Betrieb genommen», erzählt Douillard, «doch der läuft nur 17 Stunden am Tag.» Am Anfang habe er sogar nur zehn Stunden täglich funktioniert.

Die Wärme, die der Generator spende, verpuffe ausserdem sofort, so die Helferin. Die Lagerhäuser seien weder isoliert, noch gebe es Türen. Es schneie die ganze Zeit, am Wochenende sanken die Temperaturen auf minus elf Grad. Hilfe von aussen lässt auf sich warten, denn die Strassen sind wegen des Schnees gesperrt. Weil die Leitungen gefroren sind und es einen Wasserrohrbruch gab, haben die Menschen im Camp laut Douillard auch kein fliessendes Trinkwasser und können sich nicht waschen.

Den Artikel von 20 Minuten finden Sie hier.

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