Afghanistan: Anhaltende Hoffnungslosigkeit für Mädchen 

Ein Mädchen und eine Frau stehen in einem Hauseingang.
05.08.2023

Zwei Jahre ist es nächste Woche her, seit die Taliban in Afghanistan die Macht übernommen haben. Viele Kinder haben nach wie vor keinen Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung. Vor allem für Mädchen wird die Lage zunehmend aussichtsloser. Die führende Schweizer Kinderrechtsorganisation Terre des hommes bietet vor Ort psychologische Unterstützung an und sensibilisiert die Bevölkerung für Kinderrechte.  

Am 15. August 2023 ist es zwei Jahre her, seit Afghanistan durch den Zusammenbruch seiner Regierung international Schlagzeilen machte. Seither herrscht im Land zwar kein Krieg mehr, aber eine weit verbreitete Hoffnungs- und Ratlosigkeit. Denn obwohl sich die Lage in den vergangenen zwei Jahren teilweise leicht entspannt hat, werden weiterhin grundlegende Menschenrechte missachtet und humanitäre Hilfeleistungen gezielt erschwert.

Die Lage im Land bleibt unübersichtlich. Da es keinen politischen Dialog zwischen den De-facto-Behörden und der internationalen Gemeinschaft gibt, wird der Einfluss von humanitären Organisationen gezielt versucht einzuschränken. Dies zeigt sich beispielsweise im Verbot der Beschäftigung afghanischer Mitarbeiterinnen durch NGOs in anderen Bereichen als dem Gesundheitswesen oder der Entscheidung, internationalen NGOs die Arbeit im Bereich der gemeindebasierten Bildung nicht mehr zu gestatten. Unter stetig wechselnden und häufig widersprüchlichen Bedingungen erweist sich das Organisieren von humanitären Aktivitäten oftmals als langwierig und kompliziert.

Die grösste Veränderung

«Mitarbeitende erzählen, wie ihre Töchter oft weinen, weil sie nur noch zuhause sind und nicht mehr zur Schule gehen dürfen», sagt Erhard Bauer, Tdh Delegationsleiter in Afghanistan. «Der stark verschlechterte Zugang zu Bildung für Mädchen und Frauen ist eine der grössten Veränderungen, die wir hier seit der Machtübernahme durch die Taliban beobachtet haben.»

In keinem anderen Land der Welt werden die Rechte von Mädchen und Frauen so stark missachtet wie in Afghanistan. Seit es im letzten Jahr erste Einschränkungen im Zugang zu Bildung gab, schrumpft ihr Platz im öffentlichen Leben stetig. Mädchen dürfen die Schule nur bis zur sechsten Klasse besuchen, mittlerweile gibt es Anzeichen, dass die Teilnahme am Unterricht bald nur noch bis zur dritten Klasse erlaubt sein wird. Das zerstört nicht nur die Hoffnungen und Träume einer ganzen Generation, sondern wirkt sich auch drastisch auf die psychische Gesundheit der Mädchen aus. Wie es ausserdem ohne Ausbildungsmöglichkeiten später möglich sein soll, dass Frauen Berufe ausüben, die in Afghanistan traditionell nur von weiblichen Fachkräften besetzt werden dürfen, wie beispielsweise Hebammen oder Lehrerinnen für Mädchenschulen? Derzeit unklar.

Lage bleibt für viele Kinder prekär

Für einige Teile der Bevölkerung hat sich die Situation innerhalb der letzten beiden Jahre etwas entspannt – es gibt wieder mehr Medikamente, das Preisniveau ist gesunken und die Nahrungsmittelproduktion ist gestiegen. Trotzdem gilt das Land nach wie vor als einer der gefährlichsten Orte für Kinder. Sie sind traumatisiert durch mehrere Jahre Krieg, Konflikt und daraus resultierenden Vertreibungen. Die durch den Klimawandel verursachte, anhaltende Dürre sowie Überschwemmungen und zerstörte Ernten gefährden ihre Lebensgrundlage zusätzlich. 2.3 Millionen Kinder leiden in diesem Jahr in Afghanistan an akuter Mangelernährung. Vor allem in abgelegenen Gebieten können Kinder keinen Schulunterricht besuchen und haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Tdh besucht diese Gegenden mit mobilen Kliniken und bietet Schutzdienste durch psychologische und soziale Unterstützung an. Darüber hinaus führt die Organisation Informationsveranstaltungen über Kinderrechte und Kinderschutz für Erwachsene durch und unterstützt Familien mit Soforthilfe. 
 
«Die Situation hat sich zwar teilweise verbessert, die Stabilität ist aber sehr fragil. Jede plötzliche Veränderung ist ein Risiko», sagt Erhard Bauer.

 

Bildquelle: ©Tdh
 

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