Ukraine: Solidarität unter den Bombenangriffen
Yana Moroz und Anastasiia Nepran sind Psychologinnen bei Terre des hommes (Tdh) in der Ukraine. Nachdem sie einen sicheren Ort erreicht hatten, konnten sie ihre Erfahrungen teilen und beschreiben, was Kinder in dieser Krise erleben. Terre des hommes setzt sich für die Unterstützung von Flüchtlingen in den Nachbarländern ein.
«Vor Beginn der Feindseligkeiten arbeiteten wir in den Gemeinden nahe der russischen Grenze mit Teenagern an Themen wie Stressresistenz und Teamarbeit. Die lebensnotwendigen Bedürfnisse wie Wasser, Nahrung und Medikamente waren erfüllt. Dies machte unsere Arbeit zur psychosozialen Unterstützung möglich. Dies ist heute leider nicht mehr der Fall.»
Die Prioritäten haben sich geändert, jeder in der Ukraine hat sich daran gemacht, sein Leben und das seiner Familie zu retten. Viele verbrachten Tage um Tage in Unterkünften ohne Wasser, Strom und ohne Möglichkeit, mit der Aussenwelt zu kommunizieren. Andere fassten den Entschluss, ihre Häuser zu verlassen und wegzugehen. Die Situation ist nach den Worten von Anastasiia und Yana «schrecklich». Eltern «geben» ihre Kinder an Fremde, weil es nicht genügend Plätze in den Evakuierungszügen gibt, sie «werfen» sie in Busse oder Autos, damit sie sich in Sicherheit bringen können.
Manche Kinder verbringen in Begleitung ihrer Eltern mehrere Tage auf der Strasse in sehr gefährlichen Schusszonen. Die Staus sind endlos und es ist unmöglich, einen Tank mit Benzin zu füllen. Die Kälte, der Mangel an Nahrungsmitteln, die Angst und die Unruhe - all diese Gefühle sind allgegenwärtig! «Wir machen uns auch grosse Sorgen um unsere Kollegen. Die meisten von ihnen sind in Städten, die ständig bombardiert werden und seit Tagen keinen Zugang zu Ressourcen haben, und das einzige Kommunikationsmittel in diesen Gebieten ist das Radio», berichten unsere beiden Psychologinnen.
Die sanitären Bedingungen sind miserabel, die Babynahrung ist aufgebraucht und humanitäre Hilfe ist aufgrund der Bombardierungen nur schwer zugänglich. Stress und Angst überwältigen die Eltern und psychologische Unterstützung ist nicht möglich, solange es an den lebenswichtigen Bedürfnissen mangelt. «Die physiologischen Bedürfnisse haben oberste Priorität! Man muss trinken, essen und schlafen.»
Yana und Anastasiia schliessen mit einem positiven und hoffnungsvollen Ausblick, indem sie sagen: «Obwohl wir nicht wissen, was morgen sein wird, haben wir dank der Unterstützung unserer Liebsten und von Tdh ein gewisses Gefühl der Sicherheit. Die Solidarität zwischen Eltern, Nachbarn und Kindern ist schön zu sehen! Sie unterstützen sich gegenseitig und helfen sich, sie teilen alles, was sie noch haben.»
Wie mobilisiert sich Terre des hommes?
Um auf die Flüchtlingswelle in den Nachbarländern der Ukraine zu reagieren (4 Millionen am 29. März laut UNHCR), entsendet Tdh mehrere mobile Einheiten in Moldawien, Rumänien und Ungarn. Neun Teams, die sich aus Experten für Sozialarbeit, Psychologen und Gesundheitspersonal zusammensetzen, werden die drei Länder bereisen. Ziel ist es, durch die Verteilung von Hygiene- und Würdepaketen (einschliesslich Masken und Desinfektionsmittel zum Schutz vor Covid-19) sicherzustellen, dass Kinder, Jugendliche, Mütter und schwangere Frauen Zugang zu lebensnotwendigen Gütern haben, und ausserdem die Schwächsten vor Gewalt oder der Gefahr der Ausbeutung zu schützen.
Konkret analysiert ein Notfallteam derzeit die Bedürfnisse in Rumänien, Ungarn und Moldawien, um festzustellen, wo Tdh eine positive Wirkung erzielen kann, wie in Auffangzentren, Zugstationen sowie in den Grenzgebieten zur Ukraine. Die Aktivitäten in Moldawien haben dank der schnellen Anpassung der bereits bestehenden Projekte vor Ort bereits begonnen.
Ignazio Cassis auf Besuch
Der Bundespräsident nutzte seine Reise nach Polen und Moldawien, um das Terre des hommes-Team in Chisinau zu besuchen. Tdh hat in Partnerschaft mit UNICEF Moldawien den "Blue-Dot"-Bereich in MoldExpo, dem wichtigsten Aufnahme, und Vermittlungszentrum für Flüchtlinge aus der Ukraine, eingerichtet und betreibt ihn.
Kinder aller Altersgruppen kommen jeden Tag, um an den von Terre des hommes angebotenen Aktivitäten teilzunehmen. Durch Spiel und Kreativität können die Auswirkungen des Krieges bewältigt werden. Es hilft den Kindern, sich sicher und respektiert zu fühlen und gibt ihnen Hoffnung.
Ukrainische Flüchtlinge brauchen Ihre Hilfe, spenden Sie hier!
Das Terre des hommes-Team stellt Ignazio Cassis, dem Bundespräsidenten der Schweiz.
Crédits photos: ©Tdh