Ukraine: «Die Kinder befinden sich in einem dauerhaften Trauma-Zustand» 

Yana holds Arina at Moldexpo center. Chisinau, Republic of Moldova
12.02.2024

Der Krieg in der Ukraine jährt sich am 24. Februar 2024 zum zweiten Mal. Wie geht es den Kindern, die in der Nähe der Frontlinie leben oder die aus ihrem Zuhause fliehen mussten? Und wie passt sich die humanitäre Hilfe an die anhaltende Krise an? Eine Bilanz der führenden Schweizer Kinderrechtsorganisation Terre des hommes Lausanne, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine über 50'000 Kinder psychologisch betreut hat. 

«Die Kinder in der Ukraine fühlen sich nicht sicher, egal wo sie sind. Ob im Osten oder im Westen, sie befinden sich in einem dauerhaften Zustand von Trauma und Stress», beschreibt Olga Dombrovska, stellvertretende Delegationsleiterin von Terre des hommes Lausanne (Tdh) in der Ukraine, die Situation der Kinder. 

Am 24. Februar jährt sich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zum zweiten Mal. Vor allem für Kinder ist die anhaltende Krise eine enorme Belastung. Sie sind nicht nur den physischen Gefahren im ganzen Land ausgesetzt, manche haben durch den Krieg auch Eltern und Bezugspersonen verloren. Dies belastet ihre psychische Gesundheit zusätzlich. 

Kinder nahe der Frontlinien besonders betroffen

Die Teams von Tdh, die mit Familien in zwölf verschiedenen Regionen der Ukraine arbeiten, haben festgestellt, dass sich der psychische Zustand von Kindern kontinuierlich verschlechtert, wenn sie keine professionelle Unterstützung erhalten.  

«Die Kinder ziehen sich zurück und interessieren sich für nichts mehr. Sie meiden schulische Aktivitäten und soziale Kontakte mit Freunden, die eigentlich so wichtig wären», sagt Olga Dombrovska. 

Besonders akut ist das Problem in den Regionen, die näher an der Frontlinie liegen und systematisch von Angriffen betroffen sind, wie beispielsweise die Gebiete Kharkiv, Mykolaiv oder Zaporizhzhia. Zudem fehlt es den Familien im Osten nach wie vor an Grundbedürfnissen wie Nahrung, Kleidung und Schulmaterial. Die Sicherheitslage stellt eine grosse Herausforderung für die humanitären Hilfe dar, da die Mitarbeitenden in Gefahr sind und die Projektaktivitäten durch den anhaltenden Beschuss beeinträchtigt werden.

Stärkung lokaler Kapazitäten 

Tdh bietet Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern in der Ukraine psychosoziale Unterstützung an. In den letzten zwei Jahren hat das Team mehr als 50'000 Kinder psychologisch betreut und über 200 kinderfreundliche Räume eingerichtet. Dort können Kinder spielen, lernen und trotz der traumatischen Umstände ein Gefühl von Normalität zurückgewinnen. Ausserdem leistet Tdh in den am stärksten betroffenen Regionen der Ukraine humanitäre Hilfe, indem sie Winterpakete mit Matratzen, Schlafsäcken und warmen Decken verteilt. 

Tdh verfügt über ein ausgedehntes Netzwerk von Partnerschaften mit ukrainischen NGOs, der Regierung, Bildungseinrichtungen und Behörden. Dabei schult Tdh beispielsweise Fachpersonal für die Betreuung der kinderfreundlichen Räume, um sicherzustellen, dass die Aktivitäten langfristig wirksam sind. Durch die Stärkung der lokalen Institutionen und die Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen kann Tdh mit ihrer Arbeit eine grössere Wirkung erzielen und mehr Menschen erreichen. 

«Eine Zeit lang sah ich nichts Positives, aber dank psychologischer Hilfe habe ich wieder Hoffnung, dass alles gut werden kann. Ich glaube, dass die Kinder eine gute Zukunft haben werden und dieses Land auch», sagt Nelli, eine Mutter, die mit ihren Kindern aus Kyiv geflüchtet ist. 

Tdh in der Ukraine 
Terre des hommes (Tdh) bietet seit 2015 Aktivitäten für Kinder, Jugendliche und ihre Familien im Osten der Ukraine an. Im Juni 2022 startete Tdh ein Nothilfeprojekt und leistet seither humanitäre Hilfe, Kinderschutzdienste und psychosoziale Unterstützung in zwölf Regionen des Landes. Die Teams von Terre des hommes unterstützen Familien, die durch den Krieg in der Ukraine vertrieben wurden, aber auch in Moldawien, Rumänien und Ungarn, unabhängig davon, ob sie versuchen, sich in ihrem neuen Leben zu etablieren oder eine Rückkehr in Betracht ziehen. 

 

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